Dr. Klaus Heer

Schweizer Illustrierte vom 28. September 2017
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«Wir holen den Paartherapeuten zu Hilfe»

Walter lebt seit 48 Jahren mit seiner Mutter zusammen. Franz hatte noch nie eine Beziehung. Haben ihre Hofdamen da überhaupt eine Chance? Wir haben bei Paartherapeut Klaus Heer nachgefragt.

VON MARIA RYSER
Arbeiten bis zum Umfallen. Hegen und Pflegen, was man liebt. Das Leben von Franz, 38, ist kein Zuckerschlecken. Und es wird noch komplizierter: In der aktuellen Staffel beherbergt der «Bauer, ledig, sucht...»-Kandidat Hofdame Sabine, 42, bei sich. Eine echte Herausforderung: Der Winzer war noch nie in einer festen Beziehung.

Tipp Nummer 1: Neugierig sein

Aller Anfang ist schwer? Muss nicht sein, sagt Paartherapeut und Autor Klaus Heer, 74: «Neugier ist einzige notwendige Zutat für den Beziehungsstart.» Die scheint bei Franz wie auch bei Sabine vorhanden zu sein. Kein Wunder! Schliesslich teilen die beiden gleich zwei grosse Leidenschaften miteinander: Die Liebe für die Reben und fürs Schiessen. Ob es zusätzlich hilft, dass Sabine vier Jahre älter ist als der Winzer? Der minime Altersunterschied sei, objektiv betrachtet, weder ein Vorteil noch ein Minuspunkt, erklärt der Paartherapeut und betont: «Die Liebe selbst grämt sich nicht über derlei Kinkerlitzchen.»

Tipp Nummer 2: Eigenes Schlafzimmer

Noch befinden sich Franz und Sabine in der zarten Phase des Sich-Kennenlernens. Klar, dass da vorerst in getrennten Zimmern geschlafen wird. Das Gästezimmer findet Klaus Heer eine prima Idee. «Auch zwei Winzersleute brauchen ein eigenständiges Leben. Vorzugsweise nachts.» Einen Haken sieht der Paartherapeut allerdings: «Die Modelleisenbahn von Franz müsste raus, wenn aus dem Gästezimmer Sabines eigenes Zimmer würde.»

Tipp Nummer 3: Klare Regeln aushandeln

Werfen wir einen Blick auf unseren zweiten «Bauer, ledig, sucht...»-Kandidaten: Walter, 48, lebt seit eh und je mit seiner Mutter Hermine, 80, zusammen auf dem Hof. Die Mama macht ihm den Haushalt und schaut, dass ihr Bub richtig angezogen ist. Jetzt hat sich Walter fest in seine Hofdame Jeannette, 50, verliebt und sie sich in ihn. Hat Jeannette da überhaupt eine Chance?

«Ja, sicher!», sagt Klaus Heer. Die beiden Liebenden müssten aber unter sich sorgfältig die neuen Spielregeln aushandeln, die fortan auf dem Hof gelten müssten. Der Berner Erfolgsautor findet deutliche Worte: «Mann und Frau gehören künftig zusammen. Mutter und Sohn bleiben Mutter und Sohn, Punkt!»

Der Mann schulde seiner Frau Zuwendung und bedingungslose Solidarität. Seine Mutter verdiene Dankbarkeit und grossen Respekt.

Tipp Nummer 4: Einfühlung ist besser als Kampf

Und was sollte Jeannette in dieser Dreier-Konstellation besonders berücksichtigen? «Sie muss sich bewusst sein: ihr Mann und ihre Schwiegermutter haben es vermutlich nicht leicht. Sie müssen beide ihr Herz aufmachen für eine ganz neue Situation», so Heer. Das geht nur auf die sanfte Tour. Einfühlung sei wohl besser als Kampf.

Tipp Nummer 5: Die Liebe zur Partnerin hat Vorrang

Für Walter ist die Situation nicht einfach. Er steht zwischen seinen beiden meistgeliebten Frauen. Es genüge aber nicht, wenn er sich über diese Sandwich-Position beklage, sagt der Paartherapeut und stellt klar: «Die Liebe zu seiner geliebten Partnerin hat unbedingten Vorrang. Sie muss das spüren. Und seine Mutter muss es wissen.» 
© Dr. Klaus Heer: Psychologe – Paartherapeut – Autor