Dr. Klaus Heer

Swisscom Champion Magazin 2014
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«Der Kunde und Swisscom in der Paartherapie»

Der Paartherapeut und Autor Klaus Heer klärt auf über die Liebe, Beziehungen und die Hürden, die in Verbindung damit auftreten können. Auch gibt er einige Tipps bezüglich Kundenbindung.

INTERVIEW: CÉDERIC MARVILLE
Herr Heer, wie nehmen Sie die Swisscom wahr?
Ganz ähnlich wie die SBB, die Migros und meinen Freund Bernhard: Alle drei sind da für mich, seit eh und je, sie bescheissen mich nicht, jedenfalls nicht absichtlich oder offensichtlich. Ich mag sie. Ich habe eine gute Beziehung zu ihnen.

Was ist das, eine Beziehung zwischen zwei Personen?
Zwei Leute, die etwas miteinander zu tun haben, befinden sich in einer Beziehung. Idealerweise sind die Interessen der beiden gegenseitig und im Gleichgewicht.

Und was ist Liebe?
Wenn ich das wüsste! Für Liebe gibt es so viele Definitionen wie Menschen. In meiner täglichen Arbeit sehe ich am häufigsten, dass man Liebe als «Geliebtwerdenwollen» definiert. Ein unheilträchtiges Missverständnis! Sobald ich im Namen der Liebe etwas erwarte oder erhoffe, habe ich ein Problem. Sobald ich geliebt werden möchte oder will, bin ich selbst nicht mehr liebenswert. Ich setze den anderen unter Druck.

Läuft das bei einem Unternehmen auch so?
Dort ist es eher peinlich. Wenn zum Beispiel die Swisscom anbiedernde hohle Werbung für sich machen würde, wäre diese bald einmal durchschaubar. Nämlich dann, wenn sich herumspräche, dass das Unternehmen nicht hält, was es verspricht.

Könnte also ein Unternehmen etwas lernen aus den Erfahrungen, die Liebespaare miteinander machen?
Ja, zum Beispiel, dass emotionaler Geiz alles andere als geil ist. Wer rundherum offener, zugewandter und verständnisvoller ist als zu Hause, der macht offensichtlich etwas falsch. Kommunikative Verstopfung ruiniert die Beziehung, gewohnheitsmässige Unfreundlichkeit treibt den Frust voran. Beziehungspartner, auch Kunden, wollen, dass man sie sieht, wahr- und ernst nimmt. Ganz besonders, wenn etwas schiefläuft. Information, Transparenz und Kulanz sind überall gefragt, in den häuslichen vier Wänden und beim Kundenkontakt eines grossen Unternehmens.

Kann (oder soll) eine Person ein Unternehmen lieben?
Ich kenne niemanden, der Swisscom liebt. Das wäre wohl eine schrullige Gefühlsverirrung. Es geht hier eher um das «Like» in der Welt von Facebook. Dort heisst der Daumen nach oben: Gefällt mir. Ich mag das. Ich stimme zu. Ich bin zufrieden. So ähnlich kann man Swisscom schätzen, mögen, sogar gerne haben, sich verbunden fühlen – etwa, weil ihre Dienstleistungen tagein tagaus funktionieren. Und wenn’s klemmt, eilt sie zu Hilfe. Kurz: weil sie einen nie im Stich lässt.
Ist das ein Vor- oder ein Nachteil für eine Firma, wenn sie von ihren Kunden geliebt wird?
Treue Kunden sind ein Segen für ein Unternehmen, natürlich. Viele Firmen wenden ja auch sehr viel für die Kundenbindung auf. Auf der anderen Seite können solche emotionalen Bindungen auch unrealistische Erwartungen wecken. Man will nicht enttäuscht werden; es dürfen keine Fehler passieren, Ausfälle werden nicht toleriert. Die Frustrationsintoleranz steigt, die Abo-Kündigungen ebenso wie die Scheidungsraten.

Was bedeutet das konkret für Beziehung und Betrieb?
Ehrliche Treue gibt’s nur in transparenten Beziehungen. Und Transparenz ist die Frucht offener Verhandlungen. Kleingedrucktes und AGBs müssen auf dem Tisch liegen, gelesen, verstanden und unterschrieben werden. Die Spielregeln sollten allen Beteiligten klar sein, sonst wird’s kritisch – spätestens im Konfliktfall.

Sie sind Swisscom-Kunde. Was müsste geschehen, damit die Swisscom für Sie (noch) attraktiver wird?
Die Achillesferse jedes Netzbetreibers ist seine Hotline. Natürlich macht es mich kribbelig, wenn ich eine Viertelstunde oder länger am Draht darauf warten muss, bis eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter frei wird für mich. Noch ärgerlicher kann es sein, wenn die konkrete Lösung meines Problems klemmt. Nach meiner Erfahrung ist bei Swisscom in den letzten Jahren beides besser geworden.

Sie meinen «besser», aber noch nicht wirklich gut?
Ich bin nicht unzufrieden, überhaupt nicht. Was mir nämlich am meisten auffällt: die Leute an der Hotline sind fast durchweg freundlich, sogar sehr freundlich. Das schätze ich über alles, und zwar umso mehr, als ich immer wieder schlimme Geschichten höre. In den Callcenters der Netzbetreiber – darunter auch Swisscom – soll es einen schwer erträglichen, rentabilitätsbedingten Druck auf das Personal an den Headsets geben. Unter massivem Zeit- und Produktionsdruck stehen und gleichzeitig liebenswürdig sein – das ist beinahe Folter. Menschenwürdige Arbeitsbedingungen sind für mich nicht nur bei der T-Shirt- und Handy-Produktion wesentlich, sondern auch beim Telefonsupport meiner Swisscom.
© Dr. Klaus Heer: Psychologe – Paartherapeut – Autor